„Wir scheinen in der Lage zu sein, mehr Umweltveränderungen pro Zeiteinheit zu verursachen als irgendein anderer Faktor, der jemals als Ursache einer anderen Aussterbewelle vorgeschlagen wurde – mit der einzigen Ausnahme der katastrophalsten Szenarien der Folge des Einschlags von Himmelskörpern“ -Nils Eldrege [1]
150 – Das ist die Anzahl an bekannten und unbekannten Tier- und Pflanzenarten, die jeden Tag verschwinden. Dieses sogenannte sechste Massensterben ist das Größte seit dem Aussterben der Dinosaurier und gefährdet dabei nicht nur die menschlichen Lebensgrundlagen, sondern wird auch das Ende unseres gewohnten Lebensstandards bedeuten. Die Menschheit steht also einem großen sachlichen und ethischen Problem gegenüber. Doch wie kommt es eigentlich zu einem solchen Aussterben und warum sollten wir uns in der Verantwortung fühlen? [2]
Definition
Unter dem Begriff des “Artensterbens” versteht man das plötzliche und nicht evolutionsbedingte Verschwinden ganzer Gattungen. Charakteristisch dafür ist ein Aussterben von 70-80% aller Pflanzen- und Tierarten, für die Erholung benötigen Ökosysteme für gewöhnlich mehrere Millionen Jahre. [3] Ob dies im Falle des momentanen Artensterbens auch möglich sein wird, kann jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorhergesagt werden.[4]
Ursachen
Anders als beispielsweise beim Aussterben der Dinosaurier vor 70 Millionen Jahren, liegt dem Artensterben kein besonderes Naturereignis zu Grunde, sondern vielmehr ein Komplex an menschlichen Handlungen.[5] So lassen sich acht grundsätzliche Ursachen festmachen:
- Verfolgung
- Überbeanspruchung von Beständen
- Einschleppung fremder Arten
- Belastung durch Chemikalien
- Industrielle Landwirtschaft
- Lebensraumzerstörung
- Tourismus
- Klimawandel [6]
Gerade durch den großflächigen Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft und die Bodenversiegelung, wird vielen Tieren der Lebensraum genommen. Alleine in Österreich werden ca. 13 Hektar Boden durch Beton- und Asphaltdecken versiegelt und dadurch das Leben darunter erstickt.[7]
Der Klimawandel hat vergleichsweise nur einen kleinen Anteil an der Katastrophe. In diesem Fall liegt das Problem hauptsächlich daran, dass die Tiere und Pflanzen sich nicht schnell genug an die Wetterbedingungen anpassen können. Dennoch sind auch dadurch alleine bei einer Erwärmung um zwei Grad 5% der Arten betroffen. Umweltverschmutzung, Überfischung und Wilderei tragen jedoch auch alle ihren Teil zur Auslöschung der Arten bei.[8]
Betroffene Arten
Bis 2100 drohen bis zu 50% aller Arten auszusterben.[9] Besonders stark betroffen sind die Insekten, deren Biomasse in den letzten 30 Jahren um min. 75% zurückgegangen ist und auch die direkt davon beeinflussten Vögel. Jede achte Vogelart ist schon jetzt ausgestorben und die Zahlen steigen immer weiter.[10]
Aber auch andere Tiere, insbesondere Kleintiere wie Hamster, Fledermäuse oder Diesel sind durch das Insektensterben und die Bodenversiegelung stark gefährdet.[11]
Folgen des Artensterbens
Je größer die Biodiversität eines Ökosystems, desto kleiner bleiben die Auswirkungen, wenn einzelne Arten verschwinden. Doch bei einem Sterben, wie wir es gerade erleben, kann es zu einem Kollaps des gesamten Systems kommen. Zudem sind die Wechselwirkungen, die verschiedene Arten miteinander haben, noch viel zu wenig erforscht, um den Ausgang der Situation vorherzusehen.[12]
Seit 1600 wurden über 1000 Tier- und Pflanzenarten entdeckt, die heute nicht mehr existieren, und es kann davon ausgegangen werden, dass rund 17 500 Gattungen pro Jahr verschwinden. Diese Rate ist um ein Vielfaches höher als die natürliche Aussterberate, die nur bei rund 1-3 Arten pro Jahr liegt.[13]
Was kann getan werden?
Auch wenn die Landwirtschaft für einen großen Teil der Auslöschung verantwortlich ist, muss man die Schuld vor allem fehlenden Regulierungen und Gesetzen seitens der Politik suchen. Besonders wichtig wäre zum Beispiel ein EU-weites Pestizidverbot, aber auch Reformen zur Vergabe der Gelder zur Förderung von landwirtschaftlichen Betrieben.[14]
Auf politischer Ebene gibt es bisher nur die CBM (=convention on biological diversity) und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, zu denen der Schutz von “Leben unter Wasser” (Ziel 14) und “Leben an Land” (Ziel 15) zählen. Die EU verlangt zudem mit ihrer EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 mehr Schutz der biologischen Vielfalt.[15]
Verbraucher*innen sind ihrerseits in der Verantwortung bestehende Systeme, die zum Artensterben beitragen, nicht weiter zu unterstützen und damit mehr Druck auf das politische System auszuüben. Auch Petitionen und Volksbegehren können diese Dringlichkeit noch hervorheben.
von Amelie Hammer
[1] Vgl. Eldredge, Nils (1997): Wendezeiten des Lebens. Katastrophen in Erdgeschichte und Evolution. S. 274.
[2] Vgl. Greenpeace (2022): Artensterben. URL: https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/artenkrise/artensterben [Zugriff: 27.09.2023]
[3] Vgl. Adloff, Frank/ Busse, Tanja (2021): Welche Rechte braucht die Natur? Wege aus dem Artensterben. Campus Verlag. S. 8 ff.
[4] Vgl. Greenpeace (2022).
[5] Vgl. Gorke, Martin (2011): Artensterben. Von der ökologischen Theorie zum Eigenwert der Natur. Books on Demand. S. 13 ff.
[6] Vgl. ebd.
[7] Vgl. Greenpeace (2021): Artensterben in Österreich. URL: https://greenpeace.at/hintergrund/artensterben-in-oesterreich/ [Zugriff: 15.08.2023]
[8] Vgl. WWF (2022): Artensterben. URL: https://www.wwf.de/themen-projekte/artensterben [Zugriff: 15.08.2023]
[9] Vgl. Gorke (2011), S. 13 ff.
[10] Vgl. WWF (2022)
[11] Vgl. Greenpeace (2021)
[12] Vgl. Steffens, Dirk/ Habekuß, Fritz (2020): Über Leben: Zukunftsfrage Artensterben: Wie wir die Ökokrise überwinden. Penguin Verlag. S. 6 ff.
[13] Vgl. Metzing, Detlev (2016): Gefährdete Arten und Klimawandel – was sagen uns die Roten Listen?. S. 146 ff. URL: https://www.klima-warnsignale.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/pdf/de/biodiversitaet/warnsignal_klima-die_biodiversitaet-kapitel-3_8.pdf [Zugriff: 16.08.2023]
[14] Vgl. Wolf, Reinhard (2019): Zur Sache. So stoppen wir das Artensterben nicht. S. 113
[15] Vgl. Adloff/ Busse (2021), S. 8 ff.
Adloff, Frank & Busse, Tanja (2021): Welche Rechte braucht die Natur? Wege aus dem Artensterben. Campus Verlag.
Eldredge, Nils (1997): Wendezeiten des Lebens. Katastrophen in Erdgeschichte und Evolution.
Greenpeace (2021): Artensterben in Österreich. URL: https://greenpeace.at/hintergrund/artensterben-in-oesterreich/ [Zugriff: 15.08.2023]
Greenpeace (2022): Artensterben. URL: https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/artenkrise/artensterben [Zugriff: 27.09.2023]
Gorke, Martin (2011): Artensterben. Von der ökologischen Theorie zum Eigenwert der Natur. Books on Demand.
Metzing, Detlev (2016): Gefährdete Arten und Klimawandel – was sagen uns die Roten Listen?. URL: https://www.klima-warnsignale.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/pdf/de/biodiversitaet/warnsignal_klima-die_biodiversitaet-kapitel-3_8.pdf [Zugriff: 16.08.2023]
Steffens, Dirk/ Habekuß, Fritz (2020): Über Leben: Zukunftsfrage Artensterben: Wie wir die Ökokrise überwinden. Penguin Verlag.
Wolf, Reinhard (2019): Zur Sache. So stoppen wir das Artensterben nicht. S. 113
WWF (2022): Artensterben. URL: https://www.wwf.de/themen-projekte/artensterben [Zugriff: 15.08.2023]