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Unterwasserlärm

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Unterwasserlärm

Dass unsere Ozeane schon lange keine unberührte Welt der bunten Farben und Artenvielfalt sind, ist schon lange ein viel diskutiertes Thema. Von Versauerung, über Korallensterben hin zu einem massiven Anstieg der Wassertemperatur – die Eingriffe der Menschen in das Ökosystem könnten gravierender nicht sein. Doch besonders die Auswirkungen von Unterwasserlärm und deren Folgen für marine Organismen sind vielen noch nicht bewusst.

Entstehung und Ausbreitung von Unterwasserlärm

Unterschieden werden kann in natürliche Arten von Unterwasserlärm, so beispielsweise die durch Wind, Strömungen oder Regen erzeugten Geräusche, an den sich Tiere gut anpassen können, und menschengemachten Unterwasserlärm. Dieser entsteht durch eine Vielzahl von Aktivitäten, darunter Schifffahrt, seismische Untersuchungen, den Betrieb von Offshore-Windparks und die Nutzung von Sonar. [1] In einigen Regionen hat sich die Lärmbelastung in den letzten 50 Jahren verdreifacht. [2]

Schall breitet sich unter Wasser etwa viermal schneller aus als in der Luft, was zur Folge hat, dass er über große Distanzen wahrgenommen werden kann, abhängig ist die Geschwindigkeit dabei von Faktoren wie Temperatur, Salzgehalt und Druck. Niederfrequente Schallwellen, wie sie beispielsweise von großen Schiffen erzeugt werden, können über Tausende von Kilometern übertragen werden. [3]

Auswirkungen auf Meereslebewesen

Akustische Signale werden von den meisten Meeresbewohnern zur Kommunikation, aber auch Partnersuche, Orientierung und Jagd verwendet. Wird dieser Kanal gestört, dann hat das neben Verhaltensänderungen der Tiere – Verlassen ihrer Lebensräume, Veränderungen des Fressverhaltens oder der Nahrungssuche – oft auch starke gesundheitliche Schäden zur Folge. [4] Besonders intensiver, impulsartiger Schall hat bei Meeressäugern temporäre (TTS) oder permanente (PTS) Hörwellenverschiebungen zur Folge. Während TTS zumeist reversibel ist, kann dauerhafte Schwerhörigkeit oder Taubheit zum Tod des betroffenen Tieres führen. Auch die Kommunikation der Meeresbewohner untereinander verändert sich, Tiere rufen lauter oder verstummen vollkommen. [5]

Langfristig führt der mit der Lautstärke verbundene Stress wie auch bei Menschen beobachtbar zu einer Schwächung des Immunsystems und erhöht so die Anfälligkeit für Krankheiten. Zudem kann die Belastung auch direkt zu physiologischen Schäden führen, in extremen Fällen kommt es zu inneren Verletzungen beispielsweise bei Fischen durch die Bildung von Gasblasen in den Geweben. In Extremfällen können so ganze Arten ausgelöscht werden. [6]

Rechtliche Rahmenbedingungen

Um den Schutz der Meeresumwelt zu gewährleisten, wurde im Juni 2008 die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verabschiedet. Ziel dieser Richtlinie ist es, bis 2026 einen guten Umweltzustand der Meere zu erreichen. Als “guter Zustand” sind hierbei dynamische Ozeane definiert, die “sauber, gesund und produktiv sind und deren Meeresumwelt auf nachhaltigem Niveau genutzt wird” [7]. Die Richtlinie legt fest, dass Energie nur in einem Ausmaß in die Umwelt eingeführt werden darf, dass dieser nicht schadet. 

Außerdem sollen bereits ge- bzw. zerstörte Meeresökosysteme wiederhergestellt werden. Es liegt allerdings in der Eigenverantwortung aller Mitgliedstaaten, für die jeweils betroffenen Meeresregionen Strategien zur Umsetzung dieses Planes zu entwickeln. Dies wird damit begründet, dass jede Region anders ist und daher auch anderer Maßnahmen bedarf. [8]

Hält sich ein Land nicht an die Umsetzungsvorschriften, kommt es zu einem Vertragsverletzungsverfahren durch die EU-Kommission, dies war beispielsweise 2015 in Deutschland auf Grund des Vorwurfs, es sei nicht genug unternommen worden, um die Schutzgebiete besser zu schützen, der Fall. [9]

Mögliche Lösungen

Um Ökosysteme in Zukunft vor Unterwasserlärm zu schützen, ist vor allem internationale Zusammenarbeit und Forschung zu den Auswirkungen der Geräusche wichtig. Auch die Entwicklung leiserer Schiffe könnte ein wichtiger Schritt hin zu besserem Schutz der Ozeane sein. 

Zusätzlich fordert OceanCare, eine internationale Organisation, die sich für den Schutz der Meere einsetzt, neben einer Reduktion des Fahrttempors von Schiffen auch die Schaffung von Ruhezonen sowie Pufferzonen. Zudem halten sie es für notwendig, Unterwasserlärm als Meeresverschmutzung anzuerkennen und in kommenden Abkommen dementsprechend zu handhaben. Auch zusätzliche Umweltverträglichkeitsprüfungen, besonders im Militärsektor, sollen dazu beitragen, die Meeresbewohner künftig besser zu schützen. [10]

von Amelie Hammer

[1] Vgl. Grimm, Markus (2011): Akustische Unterwasserkommunikation. URL: https://www.net.in.tum.de/fileadmin/TUM/NET/NET-2011-07-1/NET-2011-07-1_07.pdf [Zugriff 3.12.2024]

[2] Vgl. Umweltbundesamt (2020): Unterwasserlärm. URL: https://www.umweltbundesamt.de/themen/nachhaltigkeit-strategien-internationales/antarktis/das-umweltbundesamt-die-antarktis/unterwasserlaerm#larm-im-wasser-ein-menschgemachtes-problem [Zugriff 3.12.2024]

[3] Vgl. Grimm, 2011

[4] Vgl. Thomsen, Frank (2013): Der Einfluss von anthropogenem Unterwasserschall auf Meerestiere – Konzept für Forschung und Umweltmanagement. URL: https://pub.dega-akustik.de/DAGA_2023/data/articles/000591.pdf [Zugriff 2.12.2024]

[5] Vgl. Umweltbundesamt, 2020

[6] Vgl. Kienast, Verena (2022): Es ist zu laut. Die Auswirkungen des Lärms sind weitreichend. S. 1 ff.

[7] Schacht, Karoline (2020): Der Zustand von Nord- und Ostsee. Deutschlands Versagen, die Meere zu schützen. S. 6. URL: https://epub.sub.uni-hamburg.de/epub/volltexte/2021/126979/pdf/20200707_greenpeace_report_zustand_nordsee_ostsee.pdf [Zugriff: 3.12.2024]

[8] Vgl. Falke, Josef (2008): Neue Entwicklungen im Europäischen Umweltrecht. URL: http://www.vur.de/pdf/ZUR_09_2008_438_444.pdf [Zugriff 2.12.2024]

[9] Vgl. Schacht, 2020

[10] Vgl. OceanCare (o.D.): Forderungen von OceanCare zur Reduktion von Unterwasserlärm. URL: https://www.oceancare.org/stories_and_news/unterwasserlaerm-forderungen/ [Zugriff: 2.12.2024]

Falke, Josef (2008): Neue Entwicklungen im Europäischen Umweltrecht. URL: http://www.vur.de/pdf/ZUR_09_2008_438_444.pdf [Zugriff 2.12.2024]

Grimm, Markus (2011): Akustische Unterwasserkommunikation. URL: https://www.net.in.tum.de/fileadmin/TUM/NET/NET-2011-07-1/NET-2011-07-1_07.pdf [Zugriff 3.12.2024]

Kienast, Verena (2022): Es ist zu laut. Die Auswirkungen des Lärms sind weitreichend. S. 1 ff.

OceanCare (o.D.): Forderungen von OceanCare zur Reduktion von Unterwasserlärm. URL: https://www.oceancare.org/stories_and_news/unterwasserlaerm-forderungen/ [Zugriff: 2.12.2024]

Schacht, Karoline (2020): Der Zustand von Nord- und Ostsee. Deutschlands Versagen, die Meere zu schützen. S. 6. URL: https://epub.sub.uni-hamburg.de/epub/volltexte/2021/126979/pdf/20200707_greenpeace_report_zustand_nordsee_ostsee.pdf [Zugriff: 3.12.2024]

Thomsen, Frank (2013): Der Einfluss von anthropogenem Unterwasserschall auf Meerestiere – Konzept für Forschung und Umweltmanagement. URL: https://pub.dega-akustik.de/DAGA_2023/data/articles/000591.pdf [Zugriff 2.12.2024]

Umweltbundesamt (2020): Unterwasserlärm. URL: https://www.umweltbundesamt.de/themen/nachhaltigkeit-strategien-internationales/antarktis/das-umweltbundesamt-die-antarktis/unterwasserlaerm#larm-im-wasser-ein-menschgemachtes-problem [Zugriff 3.12.2024]

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